Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen e.V.
Wilzschhaus Nostalgie-Express

Der Reisezugwagen Gattung Di Sa 13

aktualisiert: Januar 2017

Foto: Sammlung FHWE

Foto: Walter Richter

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Dank der Erfolge der Spendenaktion "ZUG UM ZUG ZUM ZUG" im Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. März 2014 gelang es dem FHWE im April 2014, den letzten erhaltenen, zweiachsigen sächsischen Regelspur-Abteilwagen von seinem bisherigen bzw. nunmehr ehemaligen Eigentümer, der Österreichischen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte (ÖGEG) käuflich zu erwerben und damit vor der drohenden Verschrottung durch einen rumänischen Altmetallhändler zu bewahren.

Bei diesem Fahrzeug handelt es sich um einen der typischsten Vertreter einstiger sächsischer Wagenbaukunst, um ein Fahrzeug der DRG-Gattung Di Sa 13. Die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen beschafften in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts unzählige zweiachsige Abteilwagen für ihre Nebenbahnen sowie für Personenzüge auf Hauptstrecken. Diese Wagengattungen prägten das Bild des sächsischen Eisenbahnwesens bis weit in die 1960er Jahre hinein. Speziell mit der Gattung Di Sa 13 hat es geschichtlich gesehen - grob verkürzt dargestellt - Folgendes auf sich: Allein im Jahre 1913 ließ die sächsische Staatseisenbahnverwaltung von mehreren Herstellern gleichzeitig (u.a. Werdau, Bautzen, Görlitz) stolze 291 Stück der späteren Wagengattung Di Sa 13 herstellen. Es handelte sich dabei um einen 4.-Klasse-Wagen für den Arbeiter- und Berufsverkehr, der eine Weiterentwicklung des Wagentyps der Gattungen Bi Sa 11 / Ci Sa 11 darstellte, welche ab 1911 gebaut wurden. Währenddessen es sich beim Bi Sa 11 um einen 2.-Klasse-Wagen handelte, für welchen sich damals nur gehobenere Bevölkerungsschichten eine Mitfahrt leisten konnten, war der Ci Sa 11 ein 3.-Klasse-Fahrzeug. Zwei Jahre nach der erstmaligen Indienststellung dieser Fahrzeuge ergänzten die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen ihr "Reporteire" an solchen Wagen um eine 4.-Klasse-Variante - den Di Sa 13.

Die genannten Gattungen entsprechen freilich dem Bezeichnungsschema der ab Anfang der 1920er Jahre gültigen DRG-Gattungen. Bei den Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen waren die Di Sa 13 ab 1913 zunächst erst einmal als laufende Nummer 182 eingruppiert. Als 1916 wiederum eine weitere Variante dieses Wagentyps mit kürzerem Achsstand und kürzerem Wagenkasten erschien, wurde der (spätere) Di Sa 13 erst einmal zur laufenden Nummer 182a, währenddessen die 1916 neue, kürzere Variante dieses Wagens zur laufenden Nummer 182b wurde.

Die junge Deutsche Reichsbahn ordnete den Wagentyp der laufenden Nummer 182a nun der Gattung Di Sa 13 zu. Das "D" stand dabei für 4. Klasse, das "i" für das Vorhandensein von Übergängen von einem Wagen zum anderen, das "Sa" bedeutete "Sachsen" und die Zahl 13 stand für "erstes Baujahr 1913". Die kürzere Variante des Di Sa 13 (laufende Nummer 182b) wurde wegen ihres erstes Baujahres 1916 und aufgrund der Tatsache, dass diese Wagen ein Traglastenabteil besaßen, als Gattung Ditr Sa 16 eingeordnet.

Doch der Gattungsbezeichnungs-"Salat" geht weiter: Bei der DRG wurden bei zahlreichen Exemplaren der hier besprochenen Wagen die Übergangsbühnen in Endbühnen umgebaut. Die Tür in der bühnenlosen Stirnfront, die werksseitig bei allen diesen Fahrzeugen vorhanden war, wurde ebenfalls verschlossen bzw. entfernt. Die auf diese Art und Weise modifizierten Wagen waren nun keine Übergangs-Abteilwagen mehr, sondern "normale" Abteilwagen ohne Übergangsmöglichkeit von einem Wagen zum nächsten für Reisende während der Fahrt. Der Buchstabe "i" im Gattungskennzeichen musste somit entfallen. Der Di Sa 13 wurde nun zum D Sa 13 und der Ditr Sa 16 zum Dtr Sa 16.

Als 1928 die 4. Wagenklasse in Deutschland entfiel, wurden alle bisherigen 4.-Klasse-Wagen formal in die 3. Klasse umgestuft (ohne, dass etwa die Bestuhlung tatsächlich von 4.-Klasse-Standard auf 4.-Klasse-Niveau umgebaut worden wäre). 1928 wurde daher aus dem ehemaligen Di Sa 13 bzw. D Sa 13 nun der C Sa 13. Der "kleinere Bruder" des Di Sa 13, der einstige Ditr Sa 16 bzw. Dtr Sa 16, avancierte zum Ctr Sa 16.

Da man dieses Gattungsschema-Durcheinander nur ausgewiesenen Wagenspezialisten zumuten kann, hingegen für den allgemeinen Sprachgebrauch eine einzige, klare Bezeichnung benötigt wird, hat sich der FHWE entschieden, für seinen Di Sa 13 ausschließlich exakt diese erste Reichsbahn-Gattungsbezeichnung zu verwenden, die es für diese Fahrzeugbauart je gab: Eben Di Sa 13. In der Folge ist also trotz der im Laufe der Zeit sich ändernden Gattungsbezeichnungen für diesen Wagentyp immer von der Gattung Di Sa 13 die Rede.

Wie viele Fotos des bekannten, klassischen Eisenbahnfotografen Günter Meyer aus den 1950er und 1960er Jahren zeigen noch solche sächsischen Abteilwagen - teils auf heute längst stillgelegten Regelspurstrecken? Indes: (Fast) nichts ist von dieser Wagen-Herrlichkeit heute übrig geblieben. Nicht ein einziger zweiachsiger Regelspur-Abteilwagen der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen ist in Deutschland erhalten geblieben! Zweiachsige preußische Abteilwagen werden zwar in Sachsen ebenfalls nicht museal erhalten, aber wenigstens in anderen Teilen Deutschlands. Die sächsische "Museums"-Wagen-Monotonie besteht im Regelspurbereich fast ausschließlich aus Rekowagen aus DDR-Zeiten. Bis auf ganz wenige positive Ausnahmen, wie etwa den Windbergbahn-Aussichtswagen oder den Müglitztalbahn-Wagen gilt: Bghw-, Bom- oder By-Wagen soweit das Auge reicht. Mit Alu-Klappfenstern und Gummiwülsten an den Wagenübergängen - wie moderne Eisenbahnwagen halt nun einmal aussehen - sind solche "Neuzeit-Museumswagen" in ihrem Erscheinungsbild nüchtern und nicht im klassischen Sinne schön. Doch echtes historisches Regelspur-Wagenmaterial in Sachsen? Fehlanzeige!

Von den einst unzähligen sächsischen, zweiachsigen Regelspur-Abteilwagen ist heutzutage nur noch der Di Sa 13 des FHWE als nahezu einziges, fast letztes Exemplar erhalten geblieben. Lediglich in Tschechien wurde im Jahr 2013 auch noch ein völlig zerfallener Ci Sa 11 entdeckt, dessen hölzerner Wagenkasten aber leider ausgebrannt ist und der deshalb leider wohl nur noch "drei Windstöße" oder zwei harte Winter benötigt, um endgültig in sich zusammen zu fallen.

Von diesem Ci Sa 11 einmal abgesehen, ist der Di Sa 13 des FHWE der letzte, einigermaßen vollständig erhaltene Vertreter seiner Art. Wie eingangs bereits erwähnt, gelang dem Verein im April 2014 glücklicherweise der Erwerb dieses historisch besonders wertvollen Wagens. Doch noch steht das Fahrzeug in Österreich. Dorthin hatte es diesen Di Sa 13 bereits Ende der 1930er oder Anfang der 1940er Jahre verschlagen, als die ÖBB 1938 im Zuge des Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich in der Deutschen Reichsbahn aufgegangen waren und damit ein reger Fahrzeugaustausch innerhalb der nunmehrigen "Groß-DRB" einsetzte.

Währenddessen die Wagen der Gattung Di Sa 13 mit ihren 291 allein im Jahr 1913 gebauten Exemplaren vor 1945 in Sachsen durchaus so etwas wie "Massenware" waren, änderte sich dies schon während des Zweiten Weltkrieges. Einige Fahrzeuge gingen nach Österreich und in diejenigen Teile Tschechiens, die 1938 ebenfalls Hitlerdeutschland sich einverleibt hatte. Andere Exemplare der Gattung Di Sa 13 beheimatete die DRB in westliche Direktionsbezirke um, so dass diese Fahrzeuge nach 1945 auf dem Gebiet der späteren Deutschen Bundesbahn verblieben, wo sie als dortige Splittergattung keine lange Karrieren mehr vor sich hatten und spätestens in den 1950er Jahren aus dem Bestand ausgeschieden sein dürften und danach den Weg des alten Eisens gehen mussten. Eine beträchtliche Anzahl an Di Sa 13 (und den anderen, dieser Wagengattungsfamilie zuzuordnenden Wagen) wurde 1945 auch zum Opfer der anglo-amerikanischen Bombenangriffe auf sächsische Städte. Hier gingen nicht wenige Di Sa 13 in Flammen auf.

Als die Deutsche Reichsbahn der DDR im Jahre 1958 ihr neues, heute noch im Schmalspurbereich angewandtes Nummernsystem für Reisezugwagen nach dem Schema XXX-YYY einführte, bekamen von den 291 im Jahr 1913 gebauten Fahrzeugen der Gattung Di Sa 13 gerade einmal noch ganze 43 Stück eine solche neue Reisezugwagennummer. Die Fahrzeuge wurden dabei in den Nummernbereich 531-XXX eingeordnet, insbesondere in den Bereich ab zirka 531-260.

Das "jüngste", dem FHWE derzeit bekannte Betriebsfoto von Wagen der Gattung Di Sa 13 datiert aus dem Jahre 1968. Ende der 1960er bzw. allerspätestens Anfang der 1970er Jahre schieden die letzten Di Sa 13 aus dem Reisezugwagenbestand der DR aus. Wann die letzten Exemplare in Deutschland verschrottet wurden, ist zumindest momentan (noch) nicht genau erforscht. Die Zerlegung der letzten Di Sa 13 bei der DR dürfte aber mit einiger Wahrscheinlichkeit auf die 1970er Jahre zu datieren sein.

Umso erfreulicher ist es natürlich, dass bei den ÖBB bis heute der nunmehr dem FHWE gehörende Di Sa 13 als letzter Vertreter seiner Art überlebte. Da der Di Sa 13 in Österreich eine Splittergattung darstellte, wurde dieser sicherlich nicht zuletzt deshalb zu einem Bahndienstwagen umgebaut. Als solcher erhielt er noch im April 1989 eine letzte Untersuchung bei den ÖBB. Zum Schluss war er als Werkstattwagen in Villach beheimatet. Erst 1994 schied er offiziell als dem Bestand der Österreichischen Bundesbahnen aus und wurde ausgemustert. Zum Glück erkannten österreichische Eisenbahnfreunde den historischen Wert des Wagens und retteten ihn bis in unsere Tage. Nachdem der Wagen seit April 2014 nun dem FHWE gehört, wurden im Juni des Jahres seine bis dato eingebauten, österreichischen Rollenlager-Achsen wieder auf originale, deutsche Gleitlager-Achsen umgebaut.

So wie die für den nicht ganz billigen Transport des Wagens von Österreich nach Sachsen benötigten Finanzmittel bis Ende Juli 2014 akquiriert werden konnten, wurde der von der Logistik her wiederum nicht ganz einfache Transport des Fahrzeuges im August 2014 organisiert. Am Mittwoch, dem 10. September 2014 war es dann so weit: Gegen Mittag wurde der Di Sa 13 in Ampflwang mittels eines Krans auf einen Spezialtieflader gehoben. Anschließend begann am frühen Nachmittag die (Straßen)-Fahrt des Wagens über die Autobahn via Passau, Regensburg, Hof und Reichenbach nach Wilzschhaus. Noch am späten Abend, schon in der Dunkelheit, traf der Transport im Bahnhof Schönheide Süd ein. Dort stand am frühen Morgen des nächsten Tages das Entladen des Di Sa 13 an, wiederum mittels Kran. Seit dem Donnerstag, 11. September 2014 bereichert der "letzte Sachse" die bisherige Wagengarnitur des zukünftigen Wilzschhaus Nostalgie-Express.

Damit befindet sich dieser sächsische Veteran erstmals seit rund 70 Jahren wieder in seiner ursprünglichen, sächsischen Heimat. Zwar gelang dem FHWE damit der Kauf als auch der Transport des Wagens nach Wilzschhaus. Die Restaurierung des Fahrzeuges, die einem völligen Neubau großflächiger Bereiche des Wagenskastens gleichkommen wird, muss aber erst noch beginnen. Hier müssen mehrere zehntausend Euro investiert werden.

Erste substanzsichernde Arbeiten wurden im Oktober 2016 am Di Sa 13 ausgeführt. Hierzu ging der Wagen beim FHWE erstmals auf Streckenfahrt und wurde für einige Tage vom Bahnhof Schönheide Süd nach Jägersgrün überstellt. Ein dort direkt in Gleisnähe ansässiger Metallbaubetrieb, welcher bereits mehrfach diverse Arbeiten am historischen Wagenpark des FHWE ausführte, reparierte das Dach im Bereich zweier offener Stellen, so dass hier eine dauerhafte, lang haltbare Lösung geschaffen wurde. Somit kann keine Nässe mehr von oben in den Wagen eindringen.

Beim Landesamt für Denkmalpflege des Freistaates Sachsen wurde zwischenzeitlich ein Antrag eingereicht, den Wagen als Kulturdenkmal einzuordnen. Dies dient einmal dazu, den kulturhistorischen Wert des Wagens gemäß seiner Einzigartigkeit zu würdigen und zum anderen als Voraussetzung zur Beantragung von Fördermitteln, mit deren Hilfe eine Restaurierung dieses Fahrzeuges finanzierbar werden kann. Wie erwähnt, muss der hölzerne Wagenkasten zumindest teilweise neu aufgebaut werden. Solch umfangreiche Arbeiten können nur an einen geeigneten Fachbetrieb vergeben werden, was wiederum die Verfügbarkeit ausreichend hoher Finanzmittel erfordert. Hierzu soll der Denkmalstatus eine mögliche Basis schaffen.

Der FHWE bittet auch weiterhin dringend um Ihre Spende für den Di Sa 13, für den letzten in einem restaurierungsfähigen Zustand erhaltenen sächsischen, zweiachsigen Regelspur-Abteilwagen. Denn auch wenn es gelingt, für diesen Wagen Fördermittel zu erlangen, so decken solche niemals die gesamten Kosten ab, da es heutzutage für solche Vorhaben keine 100%-Förderungen mehr gibt (insofern es überhaupt Fördermittel gibt!). Selbst im positiven Falle verbleiben Eigenanteile - je nach konkretem Fördermittelbescheid - zwischen 10% und 70%.

Bitte helfen auch Sie mit, dass der Di Sa 13 möglichst bald zu einem einsatzfähigen Regelspur-Altbaupersonenwagen restauriert werden kann. Benötigt wird auch Ihre Spende!

Erzgebirgssparkasse
IBAN: DE70 8705 4000 3667 0000 99
BIC: WELADED1STB
Kontoinhaber: FHWE e.V.
Verwendungszweck: ZUG UM ZUG ZUM ZUG

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