Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen e.V.
Wilzschhaus Nostalgie-Express

Der Gepäckwagen 88-31-04, Gattung Pwg Pr 14

aktualisiert: Januar 2017

Foto: Sammlung FHWE

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Zu jedem „ordentlichen”, klassischen Personenzug gehört ein Gepäckwagen. Und so soll natürlich auch der Wilzschhaus Nostalgie-Express einen Packwagen bekommen.

Doch nicht nur Personenzüge, sondern auch Güterzüge führten bis in die 1960er Jahre hinein Zugbegleiterwagen. Denn zu Zeiten, als die Eisenbahn im Güterverkehr nicht nur Massentransporten über lange Distanzen, sondern auch der Feinverteilung von Gütern im Nahbereich diente, als es also noch keine Wagenladungsknotenbahnhöfe gab, sondern jeder kleine Bahnhof auch eine Güterverkehrstarifstelle war, gab es eine Menge an Frachtpapieren zu bearbeiten - tagein, tagaus. Damals wäre es undenkbar gewesen, dass der Lokführer die Frachtbriefe bei sich führt - für die umfangreichen, zu bearbeitenden Papiere gab es das Zugbegleitpersonal. Jenes musste im Zug mitfahren, hierzu wiederum war der Zugbegleiterwagen bzw. Gepäckwagen da.

In den Jahren 1914 bis 1925 beschaffte zunächst die Königlich Preußische Eisenbahn-Verwaltung (KPEV) und später die Deutsche Reichsbahn über 9.000 Stück des deutschen Gepäckwagen-Klassikers schlechthin: Des zweiachsigen Zugbegleiterwagen-Typs der Gattung Pwg Pr 14. Diese 8,50 m lange Fahrzeugbauart kennt im Prinzip fast jeder Eisenbahnfreund. Von den über 9.000 Exemplaren dieses Wagentyps sind möglicherweise nur um die zirka zehn Stück erhalten geblieben. Einer davon, der Wagen mit der DR-Nummer 88-31-04, befindet sich seit dem 27. Oktober 2011 in Wilzschhaus/Schönheide Süd.

Der Wagen war bereits zu DDR-Zeiten durch den 2012 verstorbenen Dresdner Eisenbahnfreund Kurt Streit vor der Verschrottung bewahrt worden. Kurt Streit verdankt die Nachwelt auch den Erhalt weiterer Eisenbahnwagen sowie der letzten erhaltenen sächsischen 94er, der beim Verein Sächsischer Eisenbahnfreunde e.V. in Schwarzenberg zu besichtigenden 94 2105. Kurt Streit hatte seine Museumsfahrzeuge zunächst auf einer Anschlussbahn in Dresden-Industriegelände aufbewahrt. In den 1990er Jahren wurden der Packwagen 88-31-04 und weitere von Kurt Streits Wagen in das Sächsische Eisenbahnmuseum (SEM) in Chemnitz-Hilbersdorf überführt.

Somit wurde der Wagen 2011 für Schönheide Süd vom SEM erworben. Dort war vor 2008 mit der teilweisen Verschrottung dieses Wagens begonnen worden - im Rahmen einer Feuerwehrübung. Die Berufsfeuerwehr Chemnitz hatte am 88-31-04 bereits mit Schneidbrennern „herum geschnippelt” und an einer der Fahrzeuglängsseiten zahlreiche Stahlträger und Knotenbleche heraus getrennt, die danach in den Schrott gewandert waren. Somit stand der Gepäckwagen einige Jahre im hintersten Bereich der „Schrottgleise” des SEM herum. FHWE-Mitgliedern war dieser Wagen seit Juni 2008 bekannt. Doch letztlich war es vor allem eine bestimmte Entscheidung des SEM, die ein FHWE-Mitglied bewog, diesen Wagen erwerben zu wollen: Im April 2011 führte das Chemnitzer Eisenbahnmuseum eine (weitere) großangelegte Schrottaktion durch, bei welcher auch 88-31-04 seine „letzte Reise” in den Hochofen mit antreten sollte. Um den Wagen vor der unmittelbar bevorstehenden Verschrottung zu retten, wurde der Gepäckwagen nach Wilzschhaus verkauft.

Im Bahnhof Schönheide Süd wurde der Pwg Pr 14 zwischen Frühjahr 2012 und Herbst 2015 komplett neu aufgebaut. Dieses Unterfangen war ein echter Kraftakt. Die allesamt nicht mehr brauchbaren, vermoderten Holzbretter des Wagenkastens wurden entfernt. Die im SEM bereits verschrotteten Stahlträger, Knotenbleche und diverse Stahl-Kleinteile wurden nachgefertigt und an das Fahrzeug angeschweißt. Die Neuanfertigung einiger dieser Teile war nicht einfach. Denn die hierfür benötigten Stahlprofile gibt es heute nicht mehr als Standardteile im Stahlhandel zu kaufen und so mussten manche U-Profile spezialangefertigt werden.

Über den Winter 2012/13 fand die Neuanfertigung von Holzteilen für den Wagenkasten statt. Im April 2013 konnten die ersten Holzteile für den 88-31-04 nach Schönheide Süd angeliefert werden. Im Juli 2013 wurde 88-31-04 stahlbauseitig sandgestrahlt und Ende Juli/Anfang August des Jahres mit Korrosionsschutzfarbe grundiert. Mitte August 2013 folgte sodann die Aufbringung des schwarzen Endlackes im Fahrwerksbereich. Auch wurde das Stahlgerippe des Wagenaufbaus gleich mit grüner Farbe gespritzt bzw. der Dachbereich elfenbeingrau. Gleichzeitig wurden die ersten Teile der Holzbeplankung des Gepäckwagens für den Einbau vorbereitet. Ende August/Anfang September 2013 begann der Einbau des neuen Holzdaches, was bis Mitte Oktober 2013 abgeschlossen werden konnte.

Danach folgte die Aufbringung des Dachbelages. Weiter ging es ab Ende Oktober 2013 mit der Wiederherstellung der ersten Stirnwand des Fahrzeuges. Dies konnte bis Ende November 2013 abgeschlossen werden. Im Dezember 2013 und im Januar 2014 wurde intensiv an der Wiederherstellung der Bremsanlage des Wagens gearbeitet. Von Februar 2014 bis September 2014 dauerten die Arbeiten zur Neuherstellung der hölzernen Wände des Wagens.

Somit zeigte sich 88-31-04 erstmals im September 2014 wieder in äußerlich vollständiger Form. Im Rahmen des Fototages beim VII. WCd-Schmalspurbahnfestival 2014 wurde der Wagen am Freitag, dem 12. September 2014 erstmals in den historischen FHWE-Güterzug eingestellt und befuhr die Strecke Schönheide Süd - Hammerbrücke. Damit erlebte der Pwg Pr 14 genau 100 Jahre nach der Indienststellung der ersten Exemplare dieser Wagengattung seine „Wiedergeburt” als weitgehend restauriertes Fahrzeug.

Im Jahresverlauf 2015 erhielt 88-31-04 auch noch seinen Fußboden zurück. Im September 2015 wurden an dem Fahrzeug die Beschriftungen angebracht. Für die exakte Rekonstruktion des Anschriftenbildes war der Wagenkasten des ehemaligen Schwesterfahrzeuges 88-31-49 eine wesentliche Hilfe - schließlich gilt es beim korrekten Anbringen historischer Wagenanschriften stets, nicht nur die Anschriften an sich zu rekonstruieren, sondern ebenso die genauen Höhen der Ziffern, Lettern uns Symbole herauszufinden. Historische Fotoaufnahmen reichen hierzu keineswegs aus.

Seit Herbst 2015 zeigt sich der Wagen 88-31-04 in einem top-restaurierten Zustand. Abgeschlossen sind die Arbeiten an diesem Pwg Pr 14 aber trotzdem noch nicht. Viel zeitintensive Detailarbeit wie z. B. die Restaurierung der Türschlösser der Drehtüren zum Zugführerabteil und der Innenausbau des Wagens stehen noch an.

Obwohl die Wagengattung Pwg Pr 14 ursprünglich als Güterzuggepäckwagen konzipiert worden war, liefen diese Wagen in der Praxis auch in Reisezügen. Und so kann und soll 88-31-04 nach der Fertigstellung auch der Reisezugwagen des Wilzschhaus Nostalgie-Express vorrangig dem Personenzugverkehr dienen, was natürlich einer gelegentlichen Verwendung im historischen FHWE-Güterzug nicht entgegen steht.

Bitte helfen Sie mit, dass auch die anderen Wagen des Wilzschhaus Nostalgie-Express genau wie 88-31-04 möglichst bald wieder einsatzfähige Regelspur-Altbauwagen werden können. Benötigt wird auch Ihre Spende!

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