Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen e.V.

Artikel aus dem WOCHENSPIEGEL vom 17. Februar 2006

Der letzte Schrankenwärter im Vogtland arbeiten am Bahnübergang Elsterberg-Kunstseidenwerk

Posten 31 muss noch kurbeln

Foto: Sven Gerbeth

Christa Schuster (Foto) versieht am Posten 31/Elsterberg Kunst- seidenwerk und am Posten 1 in Greiz im Wechsel mit acht anderen Eisenbahnern den Schranken- wärterdienst.
Foto: Sven Gerbeth

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Elsterberg. Das Vogtland verfügt bekanntermaßen über nicht weniger touristische Attraktionen. Ein Novum für alle Eisenbahnfreunde ist der breiten Öffentlichkeit allerdings eher unbekannt. Am Bahnübergang Elsterberg-Kunstseidenwerk versehen die letzten Schrankenwärter der Region ihren Dienst. Und damit nicht genug: Während die Schranken anderorts von den Bahnbediensteten vor Ort meist über Knopfdruck betätigt werden - so beispielsweise hinterm Schlossbergtunnel in Greiz oder im nahegelegenen thüringischen Triebes - muss am Posten 31 noch so richtig per Armkraft gekurbelt werden.

Der WOCHENSPIEGEL erkundigte sich nach den Gründen, warum ausgrechnet in Elsterberg die Schranken noch wie anno dazumals bewegt werden. „Wir gewähren als Bahn einen diskriminierungsfreien Zugang zu unseren Anlagen”, erklärte Kai Friedländer von der Pressestelle der Bahn in Leipzig. Zur Zeit fahren auf der so genannten „unteren Bahn” zwischen Gera und Weischlitz nur die Züge der Vogtlandbahn. Drei Mal in der Woche - montags, mittwochs und freitags - erfolgt außerdem eine „planmäßige Zuführung” zur Enka GmbH. Was im Eisenbahn-Fachdeutsch so kompliziert klingt, bedeutet ganz praktisch, dass einige Güterwaggons vom ansonsten unbesetzten Bahnhof Elsterberg in das Betriebsgelände des Unternehmens rangiert. Die Tatsache, dass am Posten 31 insgesamt drei Schranken anstelle der meist üblichen zwei vorhanden sind und außerdem mach andere Besonderheit besteht, ist wohl auch ausschlaggebend dafür, dass hier noch keine moderen Technik Einzug hielt.

Insgesamt fünf Frauen und drei Männer versehen an der Straßenquerung der B92 ihren Dienst, und das im aktuellen Fahrplan täglich in zwei Schichten von 5.30 bis 20.15 Uhr. Den mehr oder minder freundlichen Zurufen genervter Autofahrer sind sie bei ihrer Arbeit direkt ausgesetzt. „Ist der Zug denn überhaupt schon in Gera losgefahren?”, ist dabei noch eine harmlose Nettigkeit. Dass die Schranke erst geschlossen sein muss, ehe die Fahrdienstleiter den Zügen an den Stationen Rentzschmühle oder Greiz-Döhlau freie Fahrt geben können, ist jedoch unumstößliches Gesetz.

Sven Gerbeth


FHWE-Kommentar: Ein paar Gedanken, was es bei der Eisenbahn einst für Arbeit gab...

Da der FHWE im Rahmen seiner Arbeit auch einen touristischen Sonderzugverkehr in Richtung Schönheide Süd aus dem Netz der DB AG plant und hierbei die Strecke Gera - Greiz - Plauen unt. Bf. eine nicht unerhebliche Rolle spielen soll, erscheint hier als Abwechslung mal ein Presseartikel über einen einst bei der Eisenbahn unverzichtbaren wie weit verbreiteten und heute schon fast ausgestorbenen Beruf, den des Schrankenwärters.

Anders als bei dem Verschwinden der Dampflokomotiven ab den 60er Jahren hüben wie drüben, vollzog sich in den letzten Jahren, still und leise sowie von der Öffentlichkeit unbemerkt, ein Wandel in Sachen eisenbahnspezifischer Einrichtungen, wozu auch der so typische Schrankenwärterposten gehört.

Auch dieser hier zu sehende Posten 31 soll noch fallen, aber nicht durch den Einbau einer modernen kontaktgesteuerten Halbschrankenanlage, sondern, getreu dem ADAC-Motto „Freie Fahrt für freie Bürger”, durch den Bau einer Straßenbrücke über das Streckengleis!

Übrigens... dieser Posten hatte bis vor etwa drei Jahren noch einen ca. 200m weiter liegenden BÜ mittels mech. Vollschranke zu sichern. Aber auch dieser Bahnübergang ist schon Geschichte, man baute eine parallel zur Strecke verlaufende Umgehungsstraße.

Und wenn in Deutschland die Politik darüber diskutiert, warum Arbeitsplätze hierzulande immer knapper werden, na ja... Allein am viel bescholtenen globalen Handeln international agierender Konzerne kann es jedenfalls nicht liegen, die Bahn AG gehört schließlich zu 100% nach wie vor dem deutschen Staat, ebenso wie die kreuzende Bundesstraße!

Marco Drosdeck

FHWE-Presseartikel

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