Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen e.V.

Artikel aus der Freien Presse vom 15. Oktober 2005

Dampfross rollt in Carlsfelder Stall

Museums-Lok IV K kommt aus Nürnberg - Gefährt soll auf Schmalspur-Routen bimmeln - Schienenstrang wird länger

Foto: Eberhardt Mädler

Seit gestern ist sie wieder „drham” - die IV-K-Lokomotiven 99 606. Doreen Dörfler und Achim Meinel vom Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen befestigten die Originalnummer von 1925 am Kessel.

Foto: Eberhardt Mädler

. Carlsfeld/Schönheide. An Sachsens erster Bimmelbahn-Strecke ist gestern Vormittag eine von nur 22 noch existierenden Dampflokomotiven der Gattung IV K zurückgekehrt. Per Tieflader wurde das gute Stück von der Autobahn Abfahrt Reichenbach über Lengenfeld, Rodewisch, Auerbach, Beerheide, Tannenbergsthal, Morgenröthe-Rautenkranz und Wilzschhaus nach Carlsfeld transportiert.

Dort bezieht das 1916 in den Chemnitzer Hartmann-Werken hergestellte Dampfross sein ständiges Quartier - als Dauerleihgabe des Vereins zur Forderung Sächsischer Schmalspurbahnen (VSSB) an den Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen (FHWE). Die Lok war seit 1993 im Freigelände des Nürnberger Bahnmuseums abgestellt. Gestern wurden die Schilder mit der bisherigen Betriebsnummer 099 712-2 der Deutschen Bahn gegen die geschichtsträchtige Bimmelbahn-Nummer 99 6o6 von anno 1925 getauscht.

„Wir planen, die Lok äußerlich auf Vordermann zu bringen”. erklärte FHWE-Vizechef Holger Drosdeck. Betriebsfähig werde das eiserne Gefährt nur unter Federführung des überregionalen Verbandes. Der VSSB will es; als Springer Lok für alle sächsischen Schmalspur-Routen wieder fahrtüchtig machen. Gegenwärtig sind nur noch sieben von einstmals 96 Lokomotiven der Gattung IV K im Einsatz.

Der westsächsische Verein indes saniert das architektonisch wertvolle Bahnhofshaus im Schönheider Ortsteil Wilzschhaus. Dieses Empfangsgebäude soll wieder als Bahn-Aufsicht, Passagier-Aufenthaltsort und als Übergang zwischen den Regel- und Schmalspur-Bahnsteigen genutzt werden. „Deutschlandweit gibt's kaum noch ein solches Ensemble” so Drosdeck. „Damit hauchen wir einem Stück sächsischer Verkehrsgeschichte neues Leben ein.” Die Rekonstruktion des 1896 entstandenen Dreigeschossers fördern die Europäische Union und des Land Sachsen mit insgesamt 210.000 Euro. Die Gesamtkosten belaufen sich auf knapp 300.000 Euro.

Das Haus zeigt sich derzeit „in Rüstung”. Das Dach wird instandgesetzt, auch die Sanierung der markanten Klinkerstein-Fassade ist im Gange. Das Erdgeschoss erhält Türen nach historischem Vorbild. Die Fenster können aufpoliert und wiederverwendet werden, da sie sich noch in recht gutem Zustand befinden. „Im Außengelände wird der Verein durch Ein-Euro-Jobber unterstützt”, freut sich Drosdeck. Gegenwärtig sind es neun Leute. Bereits im nächsten Jahr soll das bedeutsamste Gebäude in der kleinen Waldsiedlung sozusagen wieder in neuem alten Glanz erstrahlen. Dann funktionieren - nach Originalevorbild - auch Fahrkartenschalter, Stellwerk, Warteraum sowie die Gaststätte wieder.

Im Oktober kommenden Jahres möchte der FHWE mit diesem Auftritt den 125. Geburtstag der sächsischen Schmalspurbahnen bereichern. „Spätestens dann wollen wir den Startschuss für den Wiederaufbau der Bimmelbahn zunächst zwischen Wilzschhaus und Wilzschmühle geben”, blickt Holger Drosdeck voraus. In Carlsfeld gelang dem Verein bereits die Wiederherstellung des kompletten Bahnhofsgeländes mit Gleisen und Empfangsgebäude. Damit gibt es wieder einen intakten Schlusspunkt der mit 42 Kilometern längsten Kleinbahn Sachsens. Die führte ab 1897 aus Wilkau-Haßlau über Kirchberg und Rothenkirchen bis nach Carlsfeld, wurde zu DDR-Zeiten aber abgerissen.

Im geretteten Carlsfelder Lokschuppen - dem letzten originalgetreu erhaltenen einständigen Schmalspur-Heizhaus Sachsens, in dem seit gestern wieder eine Dampflok steht - entstand das erste vereinseigene Fahrzeug: ein Schienen-Kleinwagen mit zwei Anhängern. Diese Motor-Draisine soll möglichst zu Christi Himmelfahrt zunächst zwischen Wilzschhaus und Tannenbergsthal auf der von Baum- und Grasbewuchs befreiten Trasse der einstigen großen Bahnstrecke Chemnitz - Aue - Adorf unterwegs sein. Drosdeck: „Bis zum Herbst nächsten Jahres wollen wir mit unserem Schienen-Vehikel dann auch nach Schönheiderhammer fahren. Damit hätte Wilzschhaus seine frühere Bedeutung als Eisenbahn-Knotenpunkt zumindest ein Stück zurück erlangt.”

VON EBERHARDT MÄDLER

FHWE-Presseartikel

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