Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen e.V.

Artikel aus dem Schönheider Wochenblatt vom 15. Oktober 2004

Nach Gleisanschlüssen für Stützengrün und Schönheide heißt es seit Sonnabend:

Die „Bimmelbahn” ist endgültig auch nach Carlsfeld heimgekehrt

Fotos: Eberhard Mädler

Vereinschef Marco Drosdeck aus Greiz (o./l.) hielt die Einweihungsrede, Vanessa Mothes aus Carlsfeld (o./m.) half bei der Lok-Kennzeichnung und Sandro Höppner aus Schönheide (m.) fuhr den ersten Zug aus dem Lokschuppen (u./r.) „zur” Kirche (u./l.).
Fotos: Mädler

. Die „Bimmelbahn” ist endgültig nach Carlsfeld heimgekehrt. Seit Sonnabend-Mittag gehört „Sapperland” zu jenen wenigen Orten, deren Bahnhof gleich zweimal geweiht wurde. Bereits vor über einem Jahrhundert war Carlsfeld Schluss- und Höhepunkt der ersten, längsten sowie steilsten Kleinbahn Sachsens aus Wilkau-Haßlau geworden. Ab 1967 kam deren „planwirtschaftliches Aus”. Seit 1991 entstand zwischen Schönheide und Stützengrün ein erstes Museumsbahn-Stück neu. Eine zweite Stich Strecke will der Förderverein Historische Westsächsische Eisenbahnen (FHWE) von Carlsfeld nach Wilzschhaus neu beleben. In „Schönheide Süd” plant der Verein zudem ab Juli 2005 die „Kreuzung” mit der Motor Draisinen Route gen Muldenberg auf der Ex Regelspurstrecke Chemnitz - Aue - Adorf. Grundstock für all dies sind die erst seit 8. September verlegten 400 Schienen Meter für drei originalgetreu nachgebaute Bahnhof-Gleise zu Füßen des Hirschkopfes in 820 Höhenmetern. Dort verfolgten Samstag 200 Neugierige die Inbetriebnahme des Bahnhofs Carlsfeld. Für sie blättert FHWE-Chef Marco Drosdeck in der „Bimm”-Chronik:

Wilzschhaus statt Schönheiderhammer

„Anno 1889 richtete die 1400 Einwohner zählende Gemeinde Carlsfeld an Sachsen Ständeversammlung eine Petition, die geplante Schmalspurbahn von Saupersdorf nach Wilzschhaus zu führen und bis Carlsfeld zu verlängern. Untersützt wurde dies durch die örtliche Glasindustrie mit der Firma Rüdiger & Scheibe. Die II. Kammer des sächsischen Landtages entschied am 12. März 1890, die Verlängerung der bereits 1881/82 eröffneten Linie Wilkau - Kirchberg - Saupersdorf nicht wie vorgesehen in Schönheiderhammer, sondern in Wilzschhaus enden zu lassen. Am 14. Dezember 1893 genehmigte der Landtag den Weiterbau bis Carlsfeld.

Strecken-Freigabe am 22. Juni 1897

Die Bauarbeiten gegannen im Frühjahr 1896. Am 18. Juni 1897 wurde Wilzschhaus - Carlsfeld erstmals per Prüfzug, in dem der Finanzminister saß, durchgängig befahren. Größtes Interesse galt dabei der erstmals in Sachsen angewanten Neigung von 1:20, welche ab Blechhammer überwunden werden musste. Die Eröffnungsfeier gab es am 21. Juni im 'Görnerschen Gasthof' mit einem 120 Gedecke umfassenden Mahl. Tagsdarauf gab man die 7,5-Kilomter-Passage für den öffentlichen Personen- und Güterverkehr frei. Durchschnittlich 225 - in Spitzenzeiten bis zu 326 - Arbeiter wurden beim Bahnbau beschäftigt. Gekostet hat die Trasse samt aller Bauwerke damals 605 000 Mark.

Letzter Personen-Zug am 21. Mai 1966

Am 21. Mai 1966 wurde die romantische Wilzschtal-Bahn um ihren Reiseverkehr erleichtert und zum 15. Juli 1967 ihres Güterverkehrs beraubt. Die Gleise verschwanden zwischen 25. Oktober 1969 und 30. April 1970. Zwei Jahrzehnte später ging es einer kleinen Schar von Freunden der Strecke Wilkau-Haßlau - Carlsfeld darum, für die in Rothenkirchen unter freiem Himmel stehende IV-K-Denkmal-Lokomotive „99 516” einen neuen und möglichst überdachten Standort zu finden. Der noch existierende und augenscheinlich ungenutzte Lokschuppen in Carlsfeld sollte es werden. Doch die örtliche Gemeinde-Verwaltung hatte mit einem Schmied schon vereinbart, dass dieser das baufällige Gebäude erwirbt und zur Werkstatt umgestalten kann. Diese Pläne zerschlugen sich jedoch und erste Sicherungsmaßnahmen am letzten originalgetreu erhaltenen einständigen Heizhaus auf Sachsens Kleinbahn begannen.

Lokschuppen statt Unimog-Garage

Wegen des beginnenden Wiederaufbaus der Museumsbahn in Schönheide wurden die Arbeiten 1993 vorerst wieder eingestellt. Im August 1998 kam der Stein wieder ins Rollen: Der bereits begonnene Abriss des Lokschuppens (SW 34/98). Diese Schockerlebnis zwang zum Handeln! Damit wurde die Heimkehr der 'Bimmelbahn' nach Carlsfeld eingeleitet.

Noch am selben Tag gelang es, den (von der Stadtverwaltung Eibenstock eingeleiteten) Abriss zu stoppen. Zwischen 2001 und 2003 wurde das Gebäude umfassend saniert - dank Mitteln der städtebaulichen Denkmalpflege, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, des Amtes für ländliche Neuordnung Oberlungwitz sowie Spenden-Geldern. Anstelle der geplanten Unimog-Garage für den Gemeinde-Bauhof erstrahlte nun der Lokschuppen wieder In altem Glanz.


125 000 Euro kosten die Gleisanlagen

Beim anschließenden - 125 000 Euro teuren - Gleisanlagenbau kam dem FHWE ein Glücksumstand zu Hilfe: Carlsfeld wurde in die sogenannte 'Leader-Gebietskulisse' aufgenommen. Damit werden durch die Europäische Union kreative Vorhaben, die sich mit üblichen Förderprogrammen nicht umsetzen lassen, unterstützt (SW 37 / 04). Der Wiederaufbau des Bahnhofs forciert die weiterführenden Vereins-Ziele: Die Neubelebung einer Schmalspurbahn Wilzschhaus - Carlsfeld wäre für die touristische Erschließung der Region, besonders des Kammweges zwischen Carlsfeld/Weitersglashütte und Schöneck ein Glücksfall. In diesem Sinne wird sich unser Verein weiter unermüdlich auf die Suche nach Geldquellen begeben, um diese möglichst reichlich zum Sprudeln zu bringen.

3000 Besucher am Premieren Wochenende

Nach dem symbolischem Scherenschnitt durch`s grün-weiße Bahnhofs-Band nahm die von der Preßnitztalbahn Jöhstadt geliehene IV K Dampflok „99 568” samt eines vom Nürnberger Verkehrsmuseum erworbenen Packwagen am Haken das 1000 quadratmeter große Terrain im Carlsfelder Dorfzentrum in Beschlag. 500 Premieren Fahrgäste ließen sich zwischen Wilzsch-Brücke und Trinitatis-Kirche auf 750-Millimeter Gleisen chauffieren. Insgesamt erlebten am Wochenende 3000 Besucher, was der dreifachen „Sapperländer” Einwohnerzahl entspricht, die endgültige Heimkehr der „Bimmelbahn” nach Carlsfeld ... eb

FHWE-Presseartikel

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